BERLINER KURIERT 04.08.2001

FLEISCHBESCHAU

BK: Herr Fleischman Sie produzieren erotische Filme mit dem "Gewissen Etwas", wie darf man das verstehen?

FF: gehen Sie doch mal in das Hinterzimmer einer Videothek. Das was sie dort vorfinden ist Fabrikware, Kost für den Normalbürger in Qualitätsnormen von Aldi bis Kaisers. Mit Ausnahme wechselnder Kulissen unterscheidet diese erotischen Filme nichts.
Die meisten dieser Filme richten sich nach einem genau vorgefertigten Schema. Angefangen wird da meist französisch, dann führen verschlungene Wege über die Missionarsstellung und Doggystyle zum Hintertürchen.

BK: Ihre Filme gehen also über diese Standards hinaus!

FF: Das kann man so sagen! Um beim Vergleich mit Naturalien zu bleiben, kommen meine Filme sozusagen aus dem Reformhaus...

BK: Sie bieten also hochwertige Früchte mit mehr Biss?

FF: Nein, nein, so einfach ist das nicht, ich würde eher von einem höheren Nährwert sprechen.
Sehen Sie, ich möchte nicht nur den Normalbürger bedienen, der ohne Frau zu Haus sitzt oder mit einer übergewichtigen Matrone gestraft ist und infolgedessen mit Handbetrieb arbeitet. Meine Filme richten sich an ein großes Publikum.

BK: Ein lobenswertes Ziel ...

FF: Lassen sie mich fortfahren. Wie ich schon erwähnte sind ein großer Teil der käuflichen erotischen Filme - äh - Pornos nennen wir das Kind ruhig beim Namen, - sagen wir ruhig Pornos.
- Wo war ich stehen geblieben - ach ja - diese besagten Filme sind auf eine etwas eingeschränkte, aber alteingesessene Käuferschicht ausgerichtet. Dem homo sapiens sapiens masculinum -äh erektus!

BK: Das öffentliche Interesse an Erotika ist seit Mitte der Neuziger Jahre gestiegen. Durch Diskussion in den Medien speziell im Bereich der Privatsender hat sich Moral in Deutschland ganz neu definiert. Ich glaube nicht, dass es diese von Ihnen erwähnte Käuferschicht noch gibt!

FF: Meine Rede! Sehen Sie, das Publikum für Pornographie ist ein Neues geworden, aber die produzierende Branche hat noch nicht reagiert.
Die hängt noch immer am Rotlichtmilieu...

BK: Sinnvoll wäre also der Film für die ganze Familie ähnlich der 70er Jahre Aufklärungswelle oder Erotik für die Jugend wie: Eis am Stiel!
Back to the Roots?

FF: Nein, nein nicht so: früher war alles besserer. Natürlich hat sich einiges geändert. Mann kann heute mit langatmigen Geschichten, mit ein bisschen Sex zum Schmunzeln und einer üppig behaarten Scham kein Pferd mehr zum steigen bringen. Da muss man anders rangehen:
Ich möchte Geschichten erzählen, Geschichten die geil machen, wo man alles sieht was man sehen will, und selbstverständlich auch darf. Ich will aber auch nicht zu viel zeigen, nicht: immer plakativ; das kann auch wieder ersticken.
Meine Geschichten sollen die Fantasien von Frauen und Männern sein. Sie sollen für tolerante Schwule ebenso erotisch sein wie für: sagen wir Mathematiker.

BK: Wie ich der DVD, die Sie mir zur Ansicht ließen, entnehmen konnte, sind in ihren Filmen Akteure der verschiedensten sexuellen Ausrichtungen involviert. Es sind Transsexuelle vertreten, Homosexuelle kopulieren neben, und mit, Heterosexuellen...

FF: Ja das ist ein Prinzip der von mir gestalteten Filme: alles ist möglich was erlaubt ist. Sie sehen ich bin hier stark von den Japanern inspiriert, wenngleich ich kein Autonarr bin. Es geht dennoch nicht um schneller höher weiter.

BK: Was soll nun dass wieder bedeuten?

FF: Sehen Sie, es gibt auf dem Markt Filme in dem immer neue Disziplinen aufgestellt, neue Rekorde gebrochen werden z.B. wer hat den größten Schwanz, die größten Titten, wer kann die meisten Typen in möglichst kurzer Zeit befriedigen wer erträgt die schmerzhaftesten und erniedrigensten Qualen etc. etc.
Meine Filme prickeln unter der Haut - regen an:
- sind witzig!...

BK: Was ist dann mit Filmen wie CLAUDIA CANIBALE in denen es um das Thema Kannibalismus und Sexualität geht? Ein vom moralischen und rechtlichen Standpunkt aus eher bedenkliches Thema.

FF: Sie haben den Film nicht gesehen?

BK: Doch - Ein eher witziges Epos. Reines Fantasy!

FF: Ich möcht Ihre Leser, wo wir schon beim Thema sind, auffordern mir Ihre sexuellen Fantasien per E-Mail zuzuschicken. Die besten werden honoriert und verfilmt. - Danke!

BK: Herr Fleischman, kommen wir nun zum Privaten. Gibt es auch einen privaten Frank Fleischmann. Haben Sie Familie.

FF: - oh, entschuldigen Sie das passiert mir immer, na ja ein paar braune Spritzer beleben den schönsten weißen Kragen...

BK: nun ja um den Kaffee ist es nicht schade, ziehen Sie das Hemd doch einfach aus. Meine Sekretärin kümmert sich darum - äh, also ist da jemand der ihnen die Hemden bügelt?

FF: Nein meinen Hemden bügle ich mir selbst. Das ist reine Meditation für mich...

Doch - ja, es gibt eine Frau mit der ich zusammenlebe. Und ich schätze auch die Familie, das Gefühl von Geborgenheit, auch wenn sich die Meinige ähnlich wie Schollen eines Eisberges immer weiter auseinandertreibt....

- Immerhin, biologisch genetische Zusammenhänge sind dass eine, Wahlverwandtschaften das andere und womöglich die besseren Lebensgemeinschaften.

BK: Aber sie haben auch leibliche Kinder, - will sagen, Sie betrachten den Beischlaf nicht ausschließlich als sportive Betätigung mit Spaß-Faktor, sondern auch als Mittel der Fort- pflanzung?

FF: Sie meinen, ob ich Kinder habe.
Ja - ich glaube ich hab das ein oder andere Kind gezeugt - ich denke es waren Drei an der Zahl - aber, was meinen Sie - sehe ich aus wie ein Vater?

BK: Sie haben Ihre Kinder also niemals gesehen?

FF: Das habe ich nicht gesagt - dennoch ist meine Berufung eine andere, das Familiäre überlasse ich meinen beiden Brüdern. Wer die bildende Kunst oder die Schriftstellerei als seine Berufung betrachtet hat da wohl eher einen Familiensinn!

- Ich stehe nicht für das Kribbeln im Bauch sondern: - eher für das Ziehen in den Lenden,
- das Feuer zwischen den Beinen, für Schauer,
- die in der Hirnrinde entspringend eine Gänsehaut über den Rücken jagen, auf das Säfte der Lust die blutroten Lefzen benetzend, - das Serum der Lust - der Morgenröte gleich, - infernale Fontänen gebiert...!!!

BK: Danke, -äh-, ... Herr Fleischman - Danke für das Gespräch. -Danke!


Das Gespräch führte EVELIN DIEKMANN